Begriffe und Mißverständnisse

Feelgood Management – das klingt danach, als könne man gute Gefühle managen, also irgendwie handhaben. Oder gar erzeugen. Beispielsweise, indem man Menschen „bespaßt“. Ist der Feelgood Manager also ein Spaßmacher? Vielleicht – wenn es zu seiner Persönlichkeit paßt, und wenn es zum Unternehmen und den Mitarbeitern paßt. Aber die Regel sollte das nicht sein: Eine positive Einstellung zum Arbeitgeber und zur Arbeit entsteht auf tiefergelegenen Ebenen. Davon handeln diese Seiten.

Wußten Sie, daß der Begriff des Feelgood Managers eine urdeutsche Erfindung ist? Er entstand in deutschen IT-Startups. Man war erfolgreich, wuchs schnell. Man konnte deshalb nicht mehr so spontan arbeiten wie am Anfang. Eine gewisse Ordnung und Struktur zog ein – und verbreitete eine zunehmend „konzernhafte“ Atmosphäre. Der Spaß vom Anfang drohte zu schwinden. Doch das sollte er nicht. Jemand mußte her, der irgendwie für den Spaß im Büro, für den Obstkorb, den Pausenkicker, das Firmenfrühstück, die Afterwork-Party sorgte. Wie aber nennt man solch eine Funktion?

Englisch klingt wichtig

Weil es gerade in der IT-Welt nur so von englischen Begriffen wimmelt, und in der Arbeitswelt überhaupt von allen möglichen englischen Berufsbezeichnungen, benannte man auch die neue Tätigkeit mit englischen Wörtern – oder vielmehr mit englisch anmutenden deutschen Wörtern, wie auch „Handy“ oder „Beamer“. Englischen Muttersprachlern nötigt das ein Schmunzeln ab. Im Englischen spricht man eher vom Wellbeing Officer (etwa: Wohlfühl-Verantwortlicher). Doch das würden wir Deutschen nicht verstehen…

Auch der Manager ist nicht ganz verwechselungssicher. Man verwendet den Management-Begriff oft synonym mit Führung. Doch es sind zwei unterschiedliche Tätigkeiten, wenn auch meist in Personalunion ausgeübt: Zahlen, Dinge oder Prozesse managt man, Menschen führt man. Man kann weder Zahlen führen, noch Menschen managen.

Da der Feelgood Manager es mit Menschen zu tun hat, ist er also genaugenommen kein Manager. Doch er ist auch keine Führungskraft. Er darf keine disziplinarische Vollmacht über die Mitarbeiter haben, für die er da ist. Das erst ermöglicht die Begegnung auf echter Augenhöhe: Mitarbeiter können ihm angstfrei Dinge anvertrauen, die sie mit ihrem Chef nur ungern besprechen würden.

Die Suche nach dem Titel

Wie also könnte ein treffenderer Titel lauten? Mir gefällt eigentlich ganz gut der Unternehmenskulturgestalter oder Kulturgestalter. Das ist gut deutsch, und es sagt etwas aus. Doch genaugenommen läßt sich Unternehmenskultur nicht gestalten. Sie entsteht aus dem Zusammenleben der Akteure im Unternehmen – und prägt ihrerseits das Zusammenleben. So etwas kann man nur sehr indirekt beeinflussen, mit Versuch und Irrtum, systemisch-unsystematisch, unplanbar und unkontrollierbar – kurz: agil. Damit ist die wesentliche Arbeitsweise des Feelgood Managers umschrieben, die ihn zu einem Exoten in einem zumeist geplanten, budgetierten, kontrollierten und evaluierten Arbeitsumfeld macht. Die Arbeit des Feelgood Managers, und schon seine pure Existenz, sind im Unternehmen oft ein irritierender „Musterbruch“: An einer Stelle läuft etwas ganz anders als üblich.

Es gibt allerlei andere Versuche, die Tätigkeit des Feelgood Managers zu benennen, die meines Erachtens nicht wirklich das Wesentliche treffen: Happiness Ambassador, Happiness Evangelist, ja sogar Happiness Engineer. Es gibt inzwischen sogar geschützte Begriffe wie „Corporate Happiness“ oder „Internes Touchpoint Management“. Auch das Agility Management oder der Facilitator passen hierher. So, wie ich Feelgood Management angelegt sehe, fielen mir auch Bezeichnungen wie Firmencoach oder Firmenmentor ein. Doch auch das trifft noch nicht das Eigentliche und schafft eher Irritation. Am schönsten klingt für mich die gute Seele des Unternehmens – auch wenn das nicht wirklich eine Berufsbezeichnung ist. Bleiben wir also trotz aller mitschwingender Vorurteile und Mißverständnisse unverkrampft beim Feelgood Manager, den ich auf diesen Seiten immer so schreiben werde – auch wenn es andere Schreibweisen gibt, wie etwa Feelgood-Manager oder Feel-Good Manager.

Das Schöne daran: Der Beruf ist noch ganz jung und völlig unreguliert. Es gibt keine standardisierte Ausbildung, keine standardisierten Abschlüsse und keine standarisierten Tätigkeiten. Das ist gut so, denn jedes Unternehmen ist anders und hat andere Bedürfnisse. Und auch jeder Feelgood Manager ist anders. Jeder Versuch, dem Beruf des Feelgood Managers die in der „Industrie 2.0“ gewachsene Standardisierung überzustülpen, schadet ihm und nimmt ihm die Kraft, den stürmischen Wandel zur „Industrie 4.0“ aus der Perspektive des Menschen im Unternehmen mitzugestalten.